Ausstellung „Augenblicke“ – 21. April – 28. Mai 1996 im Burgkloster zu Lübeck
66 Künstlerinnen der GEDOK Schleswig-Holstein
18 angewandte Künstlerinnen (ak) und 48 bildende Künstlerinnen (bk)
Idee, Konzept, Katalog, Ausstellung: Dr. phil. Roswitha Siewert
Kommissionsverlag: Gustav Weiland Nachf., Lübeck – ISBN: 3-87890-078-3
Vorwort von Roswitha Siewert:
AUGENBLICKE – die IDEE
Der Zeitablauf hält für einen Augenblick inne. In einer künstlerischen Entwicklung wird an einem zufälligen Zeitpunkt ein Werk herausgenommen. Herausgerissen aus dem Gesamtzusammenhang steht es als Einzelwerk stellvertretend für viele Arbeiten. Es kann aber auch der Zufallstreffer eines Neubeginns, eines Bruches in der bisherigen Arbeit oder eine bisher noch nicht gezeigte Facette des Schaffens sein. Jedoch ist die Auswahl dieses Augenblicks definiert: in den 7oer Jahren beginnen die Künstlerinnen weltweit sich verstärkt am aktuellen Kunstgeschehen zu beteiligen. Der Weg ist mühsam, aber er wird versucht und begangen. Ausstellungen, Kataloge und kunsthistorische Abhandlungen von feministischer bis allgemeiner Tendenz künden in beredten Büchern darüber.
In den 90er Jahren wird von den starken Frauen in der Kunst geschrieben. Ein Zitat für viele von Lynn Zelevansky, Kustodin am Museum of Modem Art (New York):
12/94 ART, S. 37
ABER WENN DIE FLUT ZURÜCKGEHT, BLEIBT EIN NEUER KÜSTENSTREIFEN: WIR SIND STÄRKER SENSIBILISIERT.
1977 wird auch in Schleswig-Holstein eine GEDOK gegründet, die Arbeit von Künstlerinnen unterstützen will und hilft, sie mit ihren Werken in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Fast 20 Jahre sind ins Land gezogen. Die Arbeit der Künstlerinnen ist selbstverständlich neben der ihrer männlichen Kollegen geworden. Mit dieser Bestandsaufnahme soll ein Blick auf die – zur Zeit – in der GEDOK eingetragenen Künstlerinnen der bildenden und angewandten Kunstsparte entworfen werden. Dieser Band wiederholt nicht die eingefahrenen Argumente über Kunst von Frauen, die Literaturlisten sind ein beredtes Zeugnis dafür.
Wenn Heide Rose-Segebrecht im Gespräch in den „Augenstimmen“ (1988) sagte: ,,Man kann direkt in ein hell erleuchtetes, morgendliches Atelier gehen und anfangen“, dann ist das der Anknüpfungspunkt für das Entstehen der ,,Augenblicke“ (1996). Es soll versucht werden, die Profession oder Professionalität aus dem Zwang der Tradition zu reißen und den Nachweis zu erbringen, daß Kunst auch so möglich oder erst überzeugend möglich sein kann. Bereits 1988 gibt es Arbeiten und Statements, deren Formen und Inhalte erst heute zum System ernannt werden. ,,Das heißt unbelastet durch Maltraditionen der eigenen Kreativität vertrauen, frei den ,Wahnsinnsmoment‘ zuzulassen. Die Angst vor dem eigenen künstlerischen Schaffen verlieren, bevor eine Idee perfekte Form und faßbare Gestalt angenommen hat. Mit den Bildern versuchen, immer wieder von neuem – jeden Morgen – geboren zu werden. Wissen um die dokumentierte Narbensammlung von Künstlerinnen über Jahrhunderte, die im Versuch, produktiv zu sein, an gesellschaftlichen und eigenen Zwängen scheiterten. Kein depressives Hochleiden, sondern sich auf die eigene schöpferische Kraft einlassen.“ (Augenstimmen. S. 224)
Das war der Ansatz zu einer entzündenden künstlerischen Phantasie und Aktivität. Fast eine Dekade von Jahren ist ins Land gezogen. Aus den Augenstimmen sind Augenblicke geworden, das heißt nicht, daß ein Erstummen und Schweigen vor den Bildern Platz für anderes gemacht hat. Das Sehen ist aktiviert, geübter und die Werke wirken durch sich selbst.
Der Aneignungsakzent hat sich verschoben. Das geschieht in vier Schritten:
- auswählen und sammeln
- sichten und verstärken
- werten und aktualisieren
- ausstellen
Roswitha Steinkopf „In unserer Zeit. V. Heimat ach“, 1995, Foto: U. Greiss
I) Katalog der Abbildungen der ausgewählten Arbeiten der 66 Künstlerinnen in alphabetischem Ablauf. Die Arbeiten wurden zunächst unter Arbeitsthesen gestellt.
II) Der Titel usw. der ausgewählten Arbeit. Dazu „wie es beliebt“: eine leere Seite gegenüber, geliebte Texte, nur ein Wort, Bände sprechende Stichworte, Reflexionen über die künstlerische Arbeit, über Kunst allgemein oder über die GEDOK.
III) Materialästhetik: Die Arbeiten von 66 Künstlerinnen in neuem Kontext. Anhang: Vita und Ausstellungstätigkeit
IV) Ausstellung im Burgkloster, Lübeck Raumdialog und Neuwertung
Die Künstlerinnen:
Künstlerin | Arbeitsthese | |
Ilse Ament | bk | Malerei ist Signal |
Christa L. Bänfer | ak | Vasen |
Marlies Behm | ak | Entertainerin in Ornamenten |
Brigitte Bierwolf | bk | Kontraste, Konflikte, Konzepte |
Imke Blaue | bk | An die Augen muß es sich verlieren |
Regine Bonke | bk | Stille Zeichen |
Amrei Brand | ak | Ovale Großform |
Bärbel Brandhorst | bk | What is red? |
Sylvia Dallmann | bk | Neues Deutschland |
Ursula Dannien | ak | Porträt-Photographie |
Elisabeth Edinger | bk | Die gesuchte Kostbarkeit findet sich… |
Barbara Engholm | bk | Material |
Antje Freiheit | ak | Akzente |
Hildegard Grenzmann-Spiller | bk | Komplementäres – einfach und zeitlos |
Marianne Gymnopoulus | bk | Farben kommen wieder auf |
Helga Grimm | ak | Reflexionen in Materialien |
Barbara Harland | bk | Vieldimensionales |
Antje Hoffmann | bk | …zu braves Mädchen… |
Rea Högner | ak | eigenständig und unterstützend |
Annelies Hölscher | bk | … im Malprozeß wirds möglich |
Uta Hoepner-Neutze | bk | Schnittmuster |
Margit Huch | bk | fröhlich, jung, selbstbewußt |
Hanna Jäger | bk | … unwegsam |
Anja Jensen | bk | Medien-Bilder |
Heike Kessler | ak | Gestaltete Gefäße |
Almuth Kothe | ak | Gestaltete Gefäße |
Lee Kozlik | bk | Kunst am Bau |
Hanne Kühner | bk | weitersehen |
Metta Linde | bk | Urknall in Farbe |
Ruth Löbe | ak | No 5, ein Pferd |
Liliana Mauro-Kröger | bk | Schreie 95 |
Anke Mellin | bk | Ich bin nicht so wie andere |
Dörte Michaelis | ak | Gefäße für Gebrauchsrituale |
Karin Mohrdieck | bk | Licht Raum Zeit |
Hanne Nagel-Axelsen | bk | Balanceakte der Tiere |
Birgit Neumann | bk | Schmuck in Blau |
Margarete Oehlschlaeger | ak | Überraschende Kombinationen |
Germa Ohlhaver | bk | Nichts als Malerei |
Hildegund Peters | bk | Recompletechnik |
Renate Poggendorf | bk | Nichts bleibt übrig als die Stille |
Ute Ralf-Lindemuth | bk | Offen für Malerei |
Monika Rathiev | bk | sehen und staunen |
Maria Reese | bk | Dreiecksmadonna: Stärke des Bildes bestätigt |
Erika Reichenbach | ak | Goldschmiedin und Büchereinbände |
Christine Regensburger | bk | unendliche Bilder |
Katharina Reinshagen-Heineke | bk | Bilder aus Berlin |
Kerstin Roolfs | bk | … überraschend… |
Heide Rose-Segebrecht | bk | woman in red |
Caroline Rügge | ak | Seelengefäße |
Elisabeth Rühe-Singelmann | bk | Aquarelle |
Ulrike Scheuerer | bk | vorwegnehmende Archäologie |
Liane Schiller | bk | Erinnerung an M. |
Brigitte Schirren | bk | Schema Israel… Ich bin da |
Mareile Schröder | bk | Stille und Bewegung |
Freia Schulze | ak | Verzauberte Gläser |
Renate U. Schürmeyer | bk | Urformen und Gewachsenes |
Maria Solondz | bk | … immer wieder Neuanfang |
Roswitha Steinkopf | bk | In unserer Zeit |
Gisela von Waldow | bk | unterwegs |
Susan Walke | bk | Der indirekte Blick |
Dörthe Weiland | ak | Hauch von Exotik |
Astrid Welke | ak | Genähte Bilder |
Regine Wernitz | bk | Ich bin sozial in meiner Kunst |
lnken N. Woldsen | bk | terra vita |
Susanne Wolf | bk | Raumillusionen |
Susanne Zschirnt | ak | Schmuck |