Wenn die Kunst vor und nach der Wende politisch unabhängig ist, so liegt das nicht so sehr an der Wende, sondern an den Ungarn.
Fremdbestimmung ist ihnen fremd.
Selbst andere Länder und vor allem die internationale Kunst profitieren von dieser Mentalität.
Abb. Szabolcs Kiss Pal, Wordskin II. 2003
Vortrag von Roswitha Siewert am 11. Januar 2005 in der Volkshochschule Lübeck und am 20. Mai 2008 in Wolfsburg
Bild 1: Die erweiterte Kunst Europas – Ungarn.
Bereits vier Jahre sind vergangen, seit am 1. Mai 2004 zehn neue Mitgliedsländer zur EU (Europäischen Union) gehören. Es waren Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Malta, Zypern und eben auch Ungarn. Sind die Grenzen und Bauzäune gefallen, welche Ein- und Ausblicke haben sich aufgetan? Wie wird mit der neu- angefangenen Tradition , die auf einem gemeinsamen kulturellen Erbe aufbaut ist , umgegangen?
„The blue fence“ (der blaue Zaun), 2007 entstanden, Öl auf Leinwand, (140 x 240 cm ) von Akos Birkas zeigt zwei Bauarbeiter, die durch kleine weiße Fenster Ausschau halten. Was sie sehen, erfahren wir nicht. Im lichten differenzierten Blaunuancen ist das ganze Bild gehalten, darüber erscheint in sattem dunkelblau-lila mit Sternenrund: die europäische Flagge als blaue Blume der Romantik. So der farb-emotionale Einstieg…
Bild 2: Das Ende ist der Anfang.THE END. Wie ein Schussakkord eines abendfüllenden Historienfilms mit Spielort im alten Europa schreibt sich das „Ende“ ins letzte Bild.Es folgt kein Abspann, das Ende dauert an. Ein Foto aus der Ausstellung „EU positiv“, in Berlin 2004.Das Video „Wordskin“(Worthaut) ist von Szabolcs KissPal. Er lebt und arbeitet in Budapest, gebürtig aus Rumänien, 1967 geboren. Davor in Europablau leuchtend ein Gedenkstein, ein Denkmal, aber an der Stelle des Lorbeerkranzes befindet sich der Sternenkreis der EU. Zu lesen ist Circulus Vitiosus deutsch Teufelskreis. Eine Arbeit der Lettin Inguna Elere( 1969 geb.)2004,Objekt aus Plexiglas,beleuchtet. Sie sagt: Ich glaube, dass ich die Eignung dieses Grabsteins erst in ein paar Jahren werde beurteilen können.
Zweifel? Trauer? Leuchtende Endzeit-Stimmung am Anfang, eurokritisch, oder einfach dokumentarische Feststellung in der Sprache der Kunst, der Kunst von heute.
Willkommen im neuen Europa der europäischen Union!
Ein paar Vorbemerkungen zum Verständnis:
Bild 3: Ein Einwinken mit ungarischer Flagge vor dem Parlamentsgebäude.
Ich werde diesen Vortrag nicht in ungarisch halten. Ich bin glücklich, wenn ich die Künstlernamen einigermaßen ungarisch ausspreche. In Ausstellungen über die neuen Zehn werden die Werktitel und Zitat in Englisch angegeben. Die Sprachen der Künste über das neue Europa werden fast ausschließlich in Englisch vermittelt.Das ist keine gewollte Internationalität, sondern realistische Einschätzung der Chancen innerhalb eines globalisierten internationalen Kunstmarktes. In der Kunstszene heißt es: An artist who cannot speak English is no artist.“(Arbeit eines kroatischen Künstlers Mladen Stilinovic,Gal Knoll.)
Die Bilder sind als Sehstützen gedacht, kein Ersatz des Originals mit andern Mitteln. Auch kein Ersatz für eine Inforeise nach Ungarn bzw. Budapest.
Ab und zu werden Stilbegriffe,Ismen benutzt werden. Ich hoffe, dass sie sich aus den Bildbeispielen selbst erklären. Wenn nicht, wird erklärt.
Etwas mehr Europa allgemein zur Einführung. Aber die Kunst Ungarns liefert im großen Rahmen des heutigen Themas vor allem die Bilder und die Gedanken für ein Europa der EU.
Zunächst biete ich so etwas wie einen Arbeitsbegriff an, wie eine Verständigungsebene bzw. Übereinkunft über die“ erweiterte Kunst“. Ein Begriff,der offen gemeint ist. Diese Vereinbarung wird sich natürlich in die weiteren Betrachtung variieren, aber in der Grundessenz immer erkennbar bleiben und bleiben müssen. Letzteres ist die einzige Eingrenzung der Offenheit. Kunst ist nicht Geschmackssache wie sie gesellschaftlich immer wieder zitiert wird, auch keine individuelle Emotionsdroge wie sie benutzt wird und wofür sie gehalten wird oder ein zementiertes ewigwährendes subjektives Qualitätsurteil, Bild 4:sondern Lebenselexier,( Dora Maurers aufbrechende Farbdiagonal ) oder schlicht Bild 5 als Lebensmittel( Fast wörtlich Kunst mit Schweinespeck und kleinen Holzschlitten im Kühlschrank von Imre Bukta Titel : „Hommage a Beuys“von 1995. Kunst für arm oder reich von der geformten Brotkrume bis zum strahlend-bearbeiteten Diamanten.
Bild 6: Zwei Ebenen also ,mit denen es auf einem Level zu leben gilt. Ungarn ist da fast ein perfektes Vorbild. Ein Widerspruch mit dem es auszukommen gilt, nicht entweder / oder, sondern sowohl / als auch. Ausgleichend Einebenen ist das möglich? Nein, mit den Widersprüchen leben! Ausdrucksformen der Kunst schließen alle heute praktisierten Möglichkeiten von der traditionsreichen Malerei über Computer – Installation bis zum Lebensentwurf in verschiedenen Materialien mit ein. Damit aber auch die Idee, Konzentrat von Leben zu sein. Kitsch als Kunst für andere Leute ist zu hinterfragen oder wie es in Polen heißt „ der Arme hat einen Buckel , aber einen guten Schneider“. Das sind zwei Bonmots- wirkliche verdammig gute Worte zum Diskutieren… Kriterium bleibt die künstlerische Zielsetzung und Gestaltung. Erweiterung nicht als mehr Länder ( an Anzahl) d.h. Vergrößerung, sondern eine qualitative Veränderung im Beuys“schen Sinne, Zitat von ihm:“ Die ganzen Aktionen waren wichtig, um den alten Kunstbegriff zu erweitern. So weit ,so groß wie möglich zu machen… dass er jede menschliche Tätigkeit umgreift…“Also jeder Mensch ein Künstler ? Nein:…“ Künstler bzw. Künstlerin kann werden, wer es Kraft geordneter Gedankenfolgen, sowie theoretischer und tragfähiger Begründungen schafft, für seine Kreationen und Entscheidungen im weitesten Sinne die Verantwortung zu übernehmen.“ Schlicht: eine Kunst die Verantwortung dem Leben oder Menschen gegenüber trägt, die Mittel müssen entsprechend der Vermittlung sein, vom Pflanzen einer „700 Eichen-Skulptur“, wie Beuys es in Kassel tat, bis zur alles in sich beinhaltenden zeichnerischen Skizze eines Michelangelo.
Oder vom Schweinespeck bis zur aufschwingenden Farborgie….
Befragen nach eventuellen Antworten müssen wir die Kunst selbst:
Ein Strauß farbiger Kunst-Beispiele unter dem europäischem Sternenbanner aus Ungarn als erweiterte Kunst:
Zwei Künstler, zwei Extrempositionen im Reich der Kunst:
Imre Bukta und Dora Maurer.
Dora Maurer “ Raum quasi- Bild im Bergfried“, 1982 ( Acryl auf Wand, ca. 52,5 m Kunstraum Buchberg, Österreich. Dora Maurer gehört zu den Künstlerinnen, die sich bewusst am internationalen Kunstgeschehen messen lassen wollte und dies mit großem Erfolg. Sie nennt ihre Bilder: Quasi- Bilder. Sie verbindet in ihnen Elemente der konkreten Kunst, des seriellen und des konzeptuellen Denkens. Sie weiß um die emotionale Kraft der Farbe und setzt sie ein. Mit minimaler Asymmetrie und Perspektive
Verschiebt sie Ebenen in den Raum und erzeugt mit Ihrer Malerei virtuelle Räume , nicht umgekehrt – wie so üblich. In diesem Turmzimmer hat sie den Raum gleichsam auseinandergefaltet wie einen Pappkarton und durch ein Raster vereinheitlicht. Raum und Fläche verunsichern sich gegenseitig.
Bild 7: Weitere Arbeiten mit anderen Materialien: Ein verrutschtes Quasi-Bild mit Grundform 1986/ Acryl auf Holzplatte, Wand 300 x 19o cm. Gouachen auf Karton von 1993- 1996 ( 1oo x 70 cm spielen ihr malerisches Prinzip durch.
Bild 8: 2002 dann die Overlappings No8( Sperrholz, Leinen, Acryl 140,5 x 120 cm).Farbfelder schweben im Raum. Eine eigenständige und aus eigenen Untersuchung sich ergebener Form. Wegen ihrer analytischen Schärfe und geistigen Unabhängigkeit hält Dieter Honisch sie für das moralische Gewissen der ungarischen Avantgarde. Sie unterrichtet, ist habilitiert, hat Experimentierfilme, Fotofolgen hergestellt…usw.
Bild 9: Hier eine frühe Fotoarbeit, der Bewegung im Seriellen verpflichtet: Hände als reversible und austauschbare Bewegungsphasen N 6. Sie ist eine künstlerische Wissenschaftlerin. Typisch für sie ist die Erzeugung virtueller Räume aus der Malerei heraus. Ein ins Virtuelle verrutschter Kunstbegriff!
Bild 10: Eine aktuelle Arbeit von Dora Mauerer in Wien Südbahnhof : eine Reihung bunter Vögel über dem Eingang: Heimkehrer aus der Ferne , oder einen Ansammlung zum Start…..
Bild 11: Seriell geht es auch bei Imre Bukta zu. Er nennt sich einen Landwirtschaftskünstler. Er wuchs in einer dörflicher Umgebung auf. Dort gab es weder Folklore weder in der Kleidung noch in den Riten. Es war die Zeit der abgewetzten Aktentaschen der Pendler zwischen Stadt und Land. Zeit der Gummistiefel, Wattejacken, blauen Overalls und über den Kopf gezogenen Baskenmützen. Eine unpoetische Zeit , die ihn prägte, aber Bukta bewahrte sich die Restzärtlichkeit gegenüber Landschaft, den Tieren, dem Nieselregen im Frühling und dem Hoffnungslosen Herbstregen. „Restzärtlichkeit“ eine Übersetzung aus dem Ungarischen, keine romantische Verklärung. Hommage an Beuys von 1995, die Speckteile im Kühlschrank sind für ihn genauso Überlebensymbole wie für Beuys Fett und Wachs. Es gibt bei ihm „duschende Schweine“. Aber auch eine „Kluge Landschaft“ aus Maiskolbenfiguren, Plastiktüten mit Maiskörner( 22. Biennale in SaoPaulo.1993.)Selbstverständlich setzt er die neuen Medien ein: „Außer Haus“. In „Wir schiffen auf Mais“ arbeitet er mit Gummistiefeln, Wasser, Metallboten und Maiskörner. Metaphern, Bilder einer künstlerischen Mission, die eine reine und außergewöhnliche Sicht auf das Leben zeigt, die man nur schweigend , mit angehaltenem Atem beobachten kann. Anrührend, aber nicht rührend. Restzärtlichkeit…..Gummistiefel: ein dehnbarer Kunstbegriff ist auch Gummi.
Weitere Beispiele zum Anwärmen: Jeweils zwei Werke eines Künstlers (links und rechts)
Bild 12: Istvan Nadler (1938 geb.)
- Säulen, 1970, Tempera auf Leinwand, 180 x 130 cm
- M. F., 2001, Öl a. Leinwand, 200 x 150 cm
In „Säulen“ geht es ihm um das Bildmotiv, das plastisch , schwungvoll eine fast gegenständliche Qualität erhielt. Das Bild wird zur Bühne für räumliche und zeitliche Abläufe. Wenn er malt, so entstehen oft mehrere Bilder an einem Tag bis die Intensivität, die Erregtheit zu malen, zur Ruhe kommt. Rechts ein Meditationsbild indem die dunkelsten Farben aufeinandertreffen. Das Ringen von Ästhetischem und elementarer Leidenschaft ballt er zur harmonischen Bildform. Seine Bilder sind das Resultat einer inneren existentiellen Spannung. Beide Formen Säule und Quadrat werden in immer neuen Serien bearbeitet.
Bild 13: „Hommage an Bartok“ 1994 wird die Säule zur abstrakten Figur, eintänzerisches Gefühl für Musik. Serie V von 1997
Lässt das farbig leuchtende Quadrat in Annäherung aus schwarzem Grund auftauchen. Nadler wird als geometrischer Strukturalist gefeiert. Ein Kunstbegriff der Seinsmomente nach Außen öffentlich macht und versucht zu umzäunen.
Bild 14: Sandor Pinczehelyi (1946 geb.)
- Sichel und Hammer, 1973, s-w Foto 70cm hoch
Heißes Wasser auf den Kahlkopf, 2oo0 „Berliner Schweinchen“. Sie waren auch in Budapest zur New Millenium Schau ausgestellt.
Er vertritt eine Ironisch-satirische Haltung und spielt mit Bedeutungen. Er ist vor allem in Pecs tätig, wo es sehr viel kesser oder frecher zugeht.Er hantierte öffentlich mit den kommunistischen Hoheitszeichen. Hammer und Sichel ist ein Selbstporträt auf dem er sich mit den Emblemen zu strangulieren scheint. Man sollte zwar Hammer und Sichel zeigen, aber nicht so. Gefährlich, besser tollkühn war das schon.. Die Arbeit ist zu einer Ikone des Widerstands geworden, ein Kunstbegriff der ihm zuflog.
Bild 15: Tamas Trombitas (1952 geb.)
- Eckenobjekt 1981 Bemaltes Holz, Neon
- Text, 1993, Stahl Neon
Auf seinen Reisen durch die wichtigsten Museen Westeuropas begegnet ihm die Kunst von Dan Flavan, angeregt durch ihn, bezieht er seit 1980 Neonröhren mitein. Er kombiniert die Neonröhren auch mit rohen und „armen“ Materialien und gibt seinen Arbeiten ein geheimnisvolles Flair, wie z. B….
Bild 16: … in „ Fremdes Land“ von 1983 (Neonröhre, Eisenerde Plastiktüten). Arte Povera verbindet sich mit der Pittura metafisica. Trivialität schlägt in Bedeutung um. Er erhält ein Stipendium in New York. Eine überraschende Reaktion setzt für ihn ein: Infolge verselbstständigen sich diese Stahlelemente zu eigenen Skulpturen , zu einer . . .
Bild 17: . . . „ Subjektiven Archäologie“ (Nach Hegy).Seine Positionen eines neuen Konservativen weiß er zu bekennen und gut zu beschreiben. Zitat:“Bis heute fasziniert mich die gradlinige, gegen Missverständnisse gefeite Avantgarde des frühen 20. Jahrhunderts,ebenso wenig aber kann ich mich den ewigen spirituellen Wahrheiten der Künste der vergangenen Jahrtausende entziehen. Sie sind es, die mein eigenes Wirken vor allem determinieren- deshalb bemühe ich mich erst gar nicht ,“ aktuelle Kunst zustande zu bringen. Ich akzeptiere, dass auch ich einer der neuen Konservativen bin, und bekenne mich dazu.“ Ist Kunst nur als begeisterte neue Widerholung möglich?
Links: Ist das „Eckobjekt“: als immaterieller Lichtraum. Von zwei kreuzenden Neonröhren die Anrwort?
Bild 18: Karoly Kelmenen, 1948 geb.
- Duchamp Face to Face Duchamp 1978, Bleistift auf Leinwand(140x 200cm)
Doppelgesichtig, unnachgiebig im Blick. Scharf driften die Lineaturen ins Aus. Auslöschende Bleistifthiebe auf Duchamps und seine Kunst. Angriff auf alle Gebrauchgegenstände in Kunst wie Flaschentrockner und Urinoir? Karoly Kelmenen hat Humor…
- Bild 19: etwa in dieser Form Malerei: „Sanitäter-Teddy schiebt Picasso-Palette auf Baselitz-Schubkarre“ 1995, öl auf Lw. 120 x 120
Kelemenen setzt sogar das Neue in Anführungszeichen. Er steckt die Zukunft in die Vergangenheit zurück, verteidigt die Gegenwart mit der Vergangenheit und die Alten imitierend oder zitierend, schafft er Überaschendes. Seine Bilder sind kraftvolle Malerei und lustig. Seine Frage ist, was kann man noch malen , wenn alles gemalt ist. Die klassische Malerei ständig präsent ist. Sie taucht in seinen Bildern als selbstverständliche Fundsache auf.
Bild 20: Seit Mitte der 80er Jahre taucht der Teddybär auf. „Kaffee im Museum-Pessimistische Version“ so der Titel von 1995. Wieder ein Doppeltes: ein schwarzer Teddy, riskiert ein Auge auf uns. Seine Bewegungen und die gerichtete Tätigkeit seiner Maske konzentrieren sich auf das Bereiten von Kaffe mit Sahne.Würfel fliegen um ihn herum. Würfel, Tasse Maske bilden eine zweite Ebene. Er ist der Sanitäter, der Kunst von heute auf der Schubkarre vorbeifährt.Er entfaltet die klassische Kunst vor unserern Augen. Er ist aktiver und passiver Mitwirkender. Er ist sympatisch und unheimlich. Er verleugnet und präsentiert und riskiert ein Knopfauge aus Farbe auf uns. Rechts heißt „Mont Saint Victoire“: Teddy mischt Cezanne auf.
Imitation und Zitat als eine Möglichkeit gute neue Kunst zu machen?
Bild 21: Tamas Hencze (1938 geb.)
- Rotes Dreieck 1981, Öl a. Lw 245 x 150
- Weißes Licht 1995 ,öl a. Lw.
Klar, kalt, kühl trotz der roten Farbe, das Dreieck auf Spitze, fragil und risikohaft. Die Bilder wirken berechnet, rational, perfekt, industriell. Das Zurücknehmen, die Reduktion in Form und Persönlichkeit ist sein Thema. Ein minimalistischer Maler, der versucht die dynamische Spannung im Bild zu halten, die Spannung aus Persönlichem und dem was jenseits der Person, dem Transpersönlichen steht. Ist es die Arbeitsweise? Er arbeitet mit der Gummiwalze, so dass Pinselduktus oder persönliche Gesten nicht auftauchen.Kalligraphische Zeichen wie im „weißen Licht“ bringen zwar individuelle Handzeichen, die spontan, aber unberechenbar sind.Im Gesamtaufbau des Bildes herrscht das inszeniert Unpersönliche,eine kalte theatralische Geste des Vorzeigens.Und doch wirken sie wie mit einer Wolkenhaut überzogen: wattig ohne Stoff zu sein. Die Farben vibrieren und irritieren. Seine Bilder gehören in die Gesamtproblematik Kunst im 20.Jahrhundert.Schön und cool, einfach supi: es überzeugt als perfekte Kunst von Heute!
Bild 22: Laszlo Feher (1953 geb.)
- Unterführung I und II von 1978, kein Foto einer Alltagssituation des Unterwegsseins, Öl auf Hartfaserplatte.
- Bild 23 : Balkon 1988 Öl auf Hartfaserplatte
Noch während seines Studiums malte er die grauen fotorealistischen Bilder voller Tristesse. Menschen- massen im Untergrund verschwindend. Das Bild I, das er noch auf der Hochschule zeigt und das so gar nicht den heroischen, positiven Menschen darstellte, bewirkte, dass er von der Hochschule verwiesen wurde. Zum Militär! Er malte später Nr.II, was auch nicht aufbauender war. Er geht von Fotos aus. Sein Thema ist der ganz auf sich zurückgezogenen Mensch. „Der Balkon“ hat um sich eine große monochrome gelbe Fläche, klein wie ein Vogel im Käfig, auf dem Balkon wagt sich eine weibliche Gestalt und blickt wie an Bug eines Schiffes in den Abgrund. Seine gelb-schwarz- weiß Phase wurde 1990 auf der Biennale in Venedig ausgestellt.Die Farbflächenkomposition, die scharfen Kanten, Überflüssiges auszusparen und der Farbe Raum für Umwelt geben, sind sein Anliegen. Der Mönch am Meer vor der Unendlichkeit als Frau auf dem Balkon vor dem Absturz: Kunst 5 Min vor heute!
Heute ist grau die Farbe, die sein Lebensgefühl und sein künstlerisches Wollen ausdrückt. Der Mensch kann als Umriß auftauchen.
Bild 24: Rechts Ausschnitt aus seiner Installation „ Graues Haus“. Bäuerliche und Kleinstädtische Menschern versammeln sich ohne Grund und ohne Beziehung zueinander vor einer Bretterbude. Doch wohl nicht das europäische Haus von dem so gern gesprochen wird?
Bild 25: Graue Phase auch „ Zami I.“ von 2001(öl a. LW, 220 x 160cm., ein Kind aus Kasachstan, das Freund von Feher adoptiert haben.
Bild 26 : Ilona Keserü (1933 geb.)
- Aus der Welt 2 1974-75,öl a. Lw, genäht 340 breit!nur die Hälfte
- Bild 27 :Enigma, 1999 öl a.Lw. 200×200
Ilona Keserü ist die grande dame der ungarischen Moderne. Sie schuf auch große Wandgestalltungen und Bühnenbilder. Sie hatte ihre eigene unabhängige Welt. Das Wellenmotiv zeichnet ihre Arbeiten aus. „Soft Movement“, ein Titel in ihren Arbeiten könnte ihr ganzes Werkbeschreiben. Ondolierende Linien immer wieder und das in strahlender Farbigkeit. Labyrinthe(1998) wie aus aufgerefelten Wollfädengemacht überziehen die weißen Leinwände.Ihre Kunst schlängelt sich durch die Widersprüche: eine wohltuende, postiv, optimistische, raffiniert- verbindliche Kunst. Auch an farbenfrohe Stickereien erinnernd.
Bild 28 : Peter Forgacs 1950 geb.
- Ungarisches Totem 1995, Videoinstallation (SaoPaulo 23. Biennale)
Deftig geht es in der Kunst von Peter Forgacz zu. Es geht um Leben und Tod. Das lebendige ( in Wirklichkeit tote, denn ausgestopfte) Schwein sieht fern. Es betrachtet…
Bild 29:… sein totes ( in Wirklichkeit zunehmend lebendige) Double, und beobachtet, wie auf dem rückwärts gedrehten Video aus der Wurst wieder das lebendige Schwein entsteht. Ein Dialog zwischen Leben und Tod über den Monitor, der das Leben sich nicht erfüllen und den Tod nicht zum endgültigen Zustand werden lässt.
Das sowohl / als auch, Tod und Leben in Umkehrbarkeit.
Das arme Schwein wird immer mehr in der Kunst nobilitiert. Rosemarie Trockel schockiert auf der vorherigen Dokumenta mit ihrem ausgestellten Schweinestall.
Bild 30 : Jeff Koons ist für viele immer noch das Kunst-Schwein des Anstoßes , denken so an „made in haeven“. Schwein gehabt heißt auch Glück gehabt.
Das Schwein hat Zukunft in der Kunst, siehe auch auf den Bildern von Neo Rauch.
Forgacs sammelt persönliche Amateurfilme, Nachlässe aus Ungarns Geschichte und setzt sie unter Akzentverschiebungen am Schneidetisch neu zusammen.
Keine einfache Kost: Erfahrungen zwischen Leben und Sterben sind kein Tabu in seinen Installationen.
Bild 31 : György Jovanovics geb. 1939
- Mensch 1969 Gips Leinwand Seide 200 hoch
Leichtigkeit, Gewichtlosigkeit, auf der einen Seite, aber auch heroische statuarische Festigkeit und Unnahbarkeit zeichnen seine Arbeiten aus. Wie ? Er stellt die Oberflächen der Figuren mechanisch her. Er berührt sie nicht. Er arbeitet mit Folien, die er technisch besonders behandelt. Die Wirkung signalisiert Unerschütterlichkeit und doch sind die Gegenstände zerbrechlicher als Eierschalen. Er hat weiße Reliefs aus Gips hergestellt, die so zart sind , dass sie durchscheinen. Seine letzten Arbeiten sind Raumsituationen, Käfige. Er kombiniert das Reale mit dem Fiktiven : eine Frau aus Gips, puppengleich, tritt ihm als realer Mensch, Künstler, gegenüber.
Grenzsituationen von Kunst und Leben oder deren Gleichsetzung?
- Bild 32: Trojanische Papierfabrik von 1987, weißer Zement. Die Außenskulptur war im olympischen Park in Seoul aufgebaut.
Bild 33: Tamas Soos 1955 geb.
- Get Geist 1997 öl a. Leinwand 25o x 200 ( Ausschnitt)
- Melancholie 1992 250 x 380
Als „Karten der inneren Provinzen der Seele“ ( Földeny) werden seine Bilder poetisiert. Sie entblößen innere Landschaften. Vor unseren Augen enthüllt sich die Seele, indem sie immer radikaler abwirft, was sie an die Umgebung anbindet.“Diese Bilder lenken die Aufmerksamkeit nicht auf die Anker der Außenwelt, sondern auf die inneren Wurzeln der Seele. Dadurch sind sie geistig und melancholisch. Vor allem aber sind sie erhaben. Sie führen transparent, durchscheinend und leicht das vor, was mit den körperlichen Augen nie wahrnehmbar ist“ Földeny. Seele pur als kleine Statue als Melancholie auch betitelt.
Bild 34: Imre Baak 1939 geb.
- „ Tao“, 1993 acryl auf Lw. 200 x 300
Bereits 1991 hatte die Arbeitsgemeinschaft deutscher Kunstvereine ( Adkv) Kunst aus Europa im Rundumschlag ausgestellt. Bremen zeigt die Kunst aus Ungarn. Imre Bak war dabei. Er hatte seine Beziehungen Ende der 60er Jahre nach West-Europa ausbauen können. Er gehörte wie so viele zur 68 Generation: In hart abgewinkelten Ecken den hard edge-ein Orange , Gelb und Variationen zwischen beiden Farben. Unverrückbar monumentale Formen, die jedoch durch die Wahl der Farben in kaum wahrnehmbare Schwingungen kommen und behutsam ein Gleichgewicht halten. In „Tao“ von 1993 ( rechts) eine leuchtenden Farbenpracht im umrahmenden überall Grenzen ziehendem Hard- edge Prinzip. Hier muß nicht erklärt werden, wie die Gebundenheit von Farbe und Form den Rahmen mit harten Ecken ergibt. Ein Doppelbild , dass sich durch die gemalten Umgrenzungen unterscheidet. Kein „eineiger Zwilling“! Farben fast, aber auch formengebundenen Freiheiten,eben auch die Ungebundenheit in Tiefen,Raum bzw. Allexpolsionen. Bei Bak als Malerei , nicht als Bildschirmschoner.
Bild 35: Im „Bolero“ von 97 schafft er ein sich selbst reflektierendes Bilduniversum, in dem alles in Bewegung ist und vibriert, ohne eine Vorherrschaft zufälliger Elemente zu erlauben.
Bild 36: Im „Goldenen Zeitalter“ und in „Partita“ beide 1999 und Acryl auf Leinwand scheint das Prinzip zur meditativen Ruhe gekommen zu sein: Sonnenstädte, Behausungen für Visionen, ein Haus für das neue Europa? voll Sinnlichkeit und magisch strahlend. Er gehört zu den großen Künstlern, die die Verwandtschaft zwischen der westlichen, geometrischen, abstrakten Malerei aufrecht hält, aber auch die verwandtschaftliche Traditionslinie aus Ungarn nicht aufgibt.
Bild 37: Laszlo Lakner 1936 geb.
Lebt in Berlin, Budapest und Essen.
- Buchobjekt (aus der Reihe : Für die Malerei eroberte Blätter 1974. Öl auf Buch
- Bild 38 : Tor des Palazzo Vecchio, Florenz Nr1.(aus der Serie: European history) 2 x 3 m 1994.
Ihn interessierte der Umgang mit Realitätsfragmenten wie hier Buch und Tor. Er frischt sie mit Farben, nicht als Anstrich auf. Den Nagelbeschlag des Tores konfrontiert er mit einer ähnlichen Bemalung. Er ist alle Stile durchlaufen, war poppig, surreal, sozreal. In zwei Ländern zu hause zu sein prägte auch seine Kunst, sehr vertraut und bekannt erscheint sie und flexibel. Ein nomadisierender Künstler zwischen zwei Ländern.
Zwei ungarische Künstler hatten nicht nur in Berlin, Leipzig, sondern auch in Lübeck größere Einzelausstellungen.
Bild 39: Akos Birkas 1941 geb.
Arbeiten von ihm waren unter den Titel Köpfe in St. Petri in der Reihe „Kunst pro St. Petri“ 1991 zu sehen. In den Altarraum hing ein „hinkendes Bild“. Das obere Querformat war zum unteren Teil verschoben. Ungewöhnlich in seinem Schaffen, aber überzeugend im Kirchenraum. Hier ein Blick ins Seitenschiff mit einem Kopf in hellblau. St. Petri selbst als weiß strahlende Lichtskulptur. Sein Bilder wirkte wie Zentrierungen zum Aufatmen in einem flutenden Lichtfeld. Die Doppelung der hellen Fenster wiederholte sich und faßte im Bild zum Oval zusammen ohne die Teilung zu verleugnen.
Bild 40: Akos Birkas trat erst in den 8oer Jahren in die Öffentlichkeit. Köpfe sind sein Thema: 1968 ein Selbstbildnis( es erinnert an Giacometti oder den frühen Baselitz ( in Öl gemalt). Von 1977 gibt es von ihm 17o Portäts bzw. Köpfe als s-w Fotos. Er arbeitet während der Zeit des Kommunismus in innerer Emigration, Fotos galten nicht als zu gefährlich.
Bild 41: Birkas kehrte zur Malerei zurück und arbeitet an seinen lebensgroßen , mehrteiligen Kopfbilder. Diese beiden sind von 1998 und beide etwa 2m hoch. Der Maler steht vor der Leinwand im Menschenmaaß oder Größe und die Kopfform entsteht aus den umrundenden ovalen Körperbewegungen mit Pinsel und Farbe. Der Kopf ist auch Körper / Leib. Die konzentrischen Farbbahnen erinnern an einen Vulkankrater. Die Variationsbreite in Farben, Formen und Zusammensetzung scheint unendlich zu sein.
Bild 42: Ein Kopf in Blau von 1997 und das gemalte Gesicht aus zwei unterschiedlichen Porträts. Das Sowohl- als Auch, die zwei Seelen in meiner Brust , die zwei Möglichkeiten zu Entscheidungen, zu zahllosen Polaritäten.
Bild 43: In „blue fence“, auch von Birkas,- aktuell 2oo7 gemalt- zwei Blaumännner im Profil, realistisch in allen Blaumöglichkeiten gemalt, aber erzählend, Ziele anwiesiehrend, Perspektiven suchend.
Bild 44: Porträts, Köpfe sind ein Thema der Kunst bis heute. Hier ein weiteres Beispiel aus Ungarn: Andras Vegh, der in diesem Saal in Lübeck seine Arbeiten zeigte: eine Reihe von Köpfen bzw. Kopfformen.
Ein Blick in die Ausstellung.
Bild 45: Ein Blick auf ein Bild der Reihung: „ Drehbühne“, 1999. Turbulenzen von kleinteiligen Formen in kräftigem Rot auf Grau/schwarz großer Farbfläche.“ Das Leben ist voll von Unruhe, Sorgen, Unsicherheit, Kunst beansprucht die Sicherheit und Ordnung im Schöpferischen.“ Der Blick ist aufgehoben im Bildnerischen, kann von Augenblick zu Augenblick Neues zusammenstellen und sich als Nomade im Bildgrund fühlen.
Wie geht das vor sich, sehen wir genauer hin :
Wird die Drehbühne als real- erzählerischer Titel ernstgenommen, dann geht es hier um eine Sich von Oben in das drehende Geschehen. Auf ein graues Plateau sind die vielen kleinen Formen wie energetische Bündelfixiert. Sie sind vorwiegend in Weiß und Rot.. Umrandet ist die Großform mit einer teilweise unterbrochenen grünen Linie, die das Flächenhafte unterstützt. Es ist keine früontale Seitensituation in der Ansicht dargestellt; sollte es sich um eine tatsächlich drehende Theatermechanik handeln. Es gleicht eher den Notationen auf einer grau-schwarzen Schiefertafel. Könnte auch fibrierend Zitterndes unterm Mikroskop assoziieren. Es gibt auch Anlaß an eine insuläre Station mit vielen unterschiedlichen Ein –und Ausgängen nach allen Seiten hin zu denken,- bis hin zu einer Ufoanlage im Kosmos mit figurativen und geometrischen Vielformen im geordneten Chaos. Diese Elementarteilchen können rund, oval, eckig
Oder Mischformen annehmen, im Innern gestreift, gepunktet, übermalt, frei sein, wenn sie zum Geometrischen hin tendieren. Sie können aber auch, als Organisches, als Figuratives an menschlichen Körperteile erinnern: vom werdend Embryonalen bis zum krankhaft sich Auflösenden. Die Formen schwanken und schweben. Kopffüssler verharren, Beine eilen über die Fläche. Figuratives setzt sich aus abstrakten Teilen zusammen. Künstlernamen , die ähnlich arbeiten fallen ein. Die Moderne ist neu angerichtet. Der grotesken Phantastik sind keine Grenzen gesetzt. Unruhe, Bewegung, Erregung, Aufbruch, Aufschwung als eine Einheit nach Außen.
Bilder zwischen Aufschwung und ideeler Bleibe auf europäischem Plateau.
Dieser ungarische Bilderbogen sollte einen Eindruck geben was nach 1989, nach der Wende in der Kunst passierte und aus welchen Quellen die ungarischen Künstler und Künstlerinnen ihr kreatives Potential zogen. Vielfältig und erfrischend!
Bild 46: 11 Min. der rote Minutenzeiger vor zwölf, der Stundenzeiger in Grün und der weiße Sekundenzeiger tickt von einem Stern zum anderen auf dem Europabanner. Auf der anderen Seite ein Büro in Budapest für europäische Angelegenheiten der EU.
Ein Augenblick, nach soviel kunsthistorischer Gedankenlyrik, jetzt des sachlichen Nachdenkens:
ES geht es nicht darum, die Kunst aus Ost-, Mittel-, und Südeuropa nur aus der Sicht der separaten Länderbeiträge zu betrachten, sondern sie in Beziehung zu dem sich formierenden und wandelnden Europa zu sehen. Acht der zehn Länder wie Estland, Lettland, Litauen, Polen, die Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn verbindet die Erfahrung mit dem totalitären sowjetischen Gesellschaftsmodell. Zypern und Malta haben andere Probleme in ihrer Entwicklung. In der politischen Aufbruchstimmung der osteuropäischen Länder im Herbst 1989 wollten und mussten sich Künstler und Kunstbetriebe in Mittel und Osteuropa neu orientieren. Fragen: wie sind Künstler aus unterschiedlichen Generationen mit der Situation der Abschottung vom Westen umgegangen, sind ablesbar.Der Staat als Förderer und Mitbestimmer der Richtlinien im Kunstbetrieb fiel aus. Die ungewohnte, neugewonnene Freiheit konnte vielfältig genutzt werden. Man stellte sich der Konkurrenz der ausländischen bzw. westlichen Welt und versuchte sich zu behaupten. Die Begriffe Ostkunst und Westkunst kamen in Gebrauch, oder sind es noch?, was vorwiegend die geografischen Herkunftsrichtungen beschrieb. Meist auch eine Abwertung betraf. Dagegen steht natürlich die Meinung, dass die Kunst die Mauer nie zur Kenntnis nahm, es also nie eine Ost – und Westkunst gab. Kunst sei unteilbar und hat eine gemeinsame Wurzel. Verfechter dieser Argumentation gipfeln darin , daß sie sagen: Wenn Europa überhaupt etwas gemeinsam hat, dann ist es die Kultur, dann ist es die Kunst, dann ist es der geistige Anspruch, der sich im Kunstwerk zeigt.
Vertraut aber noch einmal zur Erinnerung wiederholt,-mit Aha-Effekt- lassen sich die geistigen Verbindungen zwischen dem Osten und Westen an den Biografien der Großväter der Künstler ablesen- ein paar Beispiele:
Bild 47: Der in Polen geborene Malewitsch – er sprach russisch mit polnischen Akzent – kam bis Berlin. Sein Werk hatte und hat heute immer noch eine unglaubliche internationale Wirkung. Schwarze Bilder sind Legende. Als Pionier der abstrakten Kunst gibt er immer noch Rätsel auf (2003 art und Kunstforum brachte ein ganze Ausgabe:Das gequälte Quadrat )Rußland 1914/15 malt er das legendäre Schwarze suprematische Quadrat ( 8o x 8o cm, die einst glatte Fläche ist inzwischen aufgerissen). Malewitsch malt die abstrakte Ikone. Diese Geste macht ihn zum Pionier der Avantgarde, aber auch zum politischen Gegenspieler der Kommunisten. Malewitch: „ Zerschlagen ist die Sonne… es lebe die Dunkelheit…unser Licht in uns. In ihm, dem Quadrat, sehe ich das, was die Menschen einstmals im Angesicht Gottes sahen.“ Schwarz nicht nur als Farbe , sondern als Religionsersatz.
Der ohne seinen Einfluß nicht denkbare Josef Albers dagegen, ging vom Bauhaus nach Amerika an das Black Moutain College und entwickelte seine Relativitätstheorie „Interaction of Color“ in New Haeven.
Mark Rothko,augenblicklich in der Hamburger Kunsthalle mit großer Retrospektive und Eventgebaren kommt aus Lettland, Barnett Newmann Eltern kamen aus Polen.
Die Eltern von Andy Warhol aus der Slowakei.
Bild 48: Der in Ungarn geborene Maholy-Nagy( 1895) ging über das Bauhaus und Dessau nach Chicago, wo er das New Bauhaus gründete, das dann der Ungar Kepes in Cambridge/Boston in veränderter Form weiterführte. Sein „Licht- Raum- Modulator“( Metall Holz, Kunststoff, Elektromotor… Er befreite den Konstruktivismus durch seine bewegten Raumbilder aus seiner objekthaften Erstarrung. Er sagt: „ Plötzlich konnte ich eine emotionale Tief ausdrücken, die nicht vom Objekt, sondern von der Intensität meiner Linien abhing.“
Sein Nachfolger war der deutsche Zero- Künstler Piene. Der in Amerika so erfolgreiche Marcel Breuer kam aus Pecs, ebenso
Bild 49: wie Victor Vasarely, der Vater der Op- Art aus Pecs kam und in Paris erfolgreich war.
Victor Vasarely:“ Ich hoffe auf eine soziale Kunst… Malen ist für mich Zweck. Ich versuche das künstlerische Phänomen zu finden , zu bestimmen und dem täglichen Leben zu integrieren.“
Christo kommt aus Bulgarien.
An diesen Beispielen lässt sich ablesen: dass keine Ideologie und kein gesellschaftliches System verhindern konnte, dass Ideen der Künstler- unabhängig von ihrer Herkunft, den Staaten, aus denen sie Kamen-, einzig und allein unter den Rahmenbedingungen der Kunst auf so unzertrennliche Weise miteinander verschmolzen.
Warum zum Anfang Ungarn? Sind sie die Heroen bzw. Rebellen Europas, die überdies eine humane Geste leben, die begeisternd selbstverständlich ist und arrogante Überheblichkeit vermeidet?
Wir sahen die Kunst der Väter, gerade die der Großväter. Wie reagieren die Enkel ?
Mit Blick auf das leuchtende Europa-Denkmal; Teufelskreis, dahinter Arbeiten von
Bild 50: einem Enkel: Peter Szarka (1964 in Köszeg, Ungarn geboren) hat 2002 Statuen von 5 Rebellen (so auch der Titel) 205 x 125 groß. Es sind hyperperfekte Simulationen auf der glänzenden Oberfläche von Laserprints. Wie aus Edelstahl gefertigt und hochpoliert sind sie in weitläufigen,clean-hygienischem Repräsentationenräumen, wie Museen, Kongreßzentren und Foyers von Konzernen und Banken angesiedelt. Szarka zeigt eine Hommage an die ungarische „Rebellen-Generation“, an die 68er Generation.
Bild 51: Fontänen – Frisuren, Röhrenhosen und rote Socken waren ihre Uniform. Diese Rebellen entstammen 3D. Schmieden, die z. B.von Salt-lake city aus ihren Modeerfolg antraten. Bei Szarka sind die Fontäne-Frisuren gefroren, die Schlaghosen nobilitiert oder ganz mit dem Geschäftsanzug vertauscht worden. Er schafft eine spielerische Sythese zwischen Lichtgebet von Fidus und losgelöstem Discospaß,aber auch den Eindruck eines technoiden Monumentalismus.
Das hat fortmale Vorbilder in Ungarn in Budapest selbst:
Bild 52: Links Szarka Modell auf Säule gemalt, rechts: das ungarische Freiheitsdenkmal von dem ungarischen Bildhauer Zsigmond Kisfaludi Strobl im Abendlicht.Eine Frauenstatue, die siegreich einen Palmenwedel empor hält. Es ist auf dem Gellertberg und von überall in der Stadt sichtbar. Es erinnert an die Befreiung Budapests durch die rote Armee im Juli 1945, Aber es ist auch der Beginn der Sowjetherrschaft.
Bild 53: Formal mitreißenden ist das von Vera Muchina (1889 in Riga geb.)- die“ bildhauenden Großmütter“- in Moskau errichtete 25 m hohe Denkmal der „Arbeiter und Kolchosbäuerin“) 1935- 37 erarbeitet. Es wird immer noch als hervorragende Synthese von Plastik und Architektur gefeiert, war für den sowjetischen Pavillon auf der Weltausstellung in Paris 1937 gedacht. Heute in Moskau zu sehen.
Bild 54: Wo aber sind vielen für den Sozialismus stürmenden und denkenden Statuen aus der ungarischen Sowjetzeit ! Sie sind von den Straßen und Plätzen wegsaniert und in einem Statuenpark friedlich beisammen wiederaufgestellt. Der entschlossen angreifende Soldat ist da, sowie die zum Monolith vereinten, in kubistischen Formen sich zeigenden, deutschen Philosophen Marx und Engels.( Hat Kurt Beck bei Engels sein modernes Gesichtsimage abgeguckt?)Der Park mit den verflossenen Heroen.
Warum Ungarn? Sie verstehen es formale Widersprüche versöhnlich zu gestalten. Wir gehen auf die um 70 geborenen Generation wieder zurück…
Bild 55: Selbst mit Öl auf Leinwand wird der Protest „gegen etwas“. „protest against something“(2003) 140 x 200 cm) versöhnlich. Adrian Kupcsik (1969 in Ungarn geb.) und „Sit-down strike“ 2003 (120 x 160 cm). Er verfolgt keine politischen Überlegungen, er hat keine taktischen oder strategischen Motive, keine sozialen Ziele, die er anstrebt. Die Fahne ist bunt. Auch wenn wir es ihm gern unterstellen möchten.
Sein Vorgehen: Er sucht im Internet nach Demonstrationen und Straßenkämpfern, abstrahiert sie, dies mit Hilfe von Computern: aus dem Mannequin entsteht der Demonstrant , erscheint im gemalten Bild wie eine Puppe, wie Objekte wie künstliche Aliens. Sie spielen Straßenkämpfer wie Schauspieler auf der Bühne. Die ausgedruckten Virtualität wird bemalt – dies mit den erlernten Methoden der Renaissancemaler oder nachgeahmte flämische Malerei. Darf dies so ästhetisiert werden? Darf vergessen werden, was für den einen ein Freiheitskämpfer ist , ist für den anderen ein Terrorist? Gibt es neutrale Positionen bei diesem Thema? Adrian Kupcsik ist ein engagierter Künstler, der sich der Ästhetik widmet: Mit ihr konform geht. Ortlos, bewegungslos werden Symbole für Niederlage, Streik, Aufbau wie eine Grundsequenz wiedergegeben, Festlegen auf ein Land und eine Zeit ist unmöglich.
Warum Ungarn? Man könnte dies auch als nichtreglementierbare Unbotmäßigkeit bezeichnen.Theatralisches Puppenspiel mit dem Friedensthema. Kann es im Bild nur vorgezeigt werden ohne reflektiert zu werden?
Die heutige Malerei und die alten Denkmäler im touristischen Alltag:
Bild 56: Anders hier die Demonstration von Geschichte im Stadtbild: Es gibt viele Reiterstandbilder von Prinz Eugen von Savoyen( J. Rona), Ferenc II Rakozzi, Janos Hunyadi,usw. hier ein Blick auf das Milenniumsdenkmal von 1896.Fürst Arpad der Führer der Magyaren zieht mit seinen Stämmen ein. Ein Höhepunkt in der österreichische ungarischen Geschichte wird gefeiert. Eroberer, die für einen Wende standen, heute aber wie eine Szene aus dem Film „ Herr der Ringe „ wirken, und trotzdem beeindrucken.
Bild 57: Im Straßenbild tauchen stürzende, aber beflügelte Pferde auf, oder auch Flügel überhaupt. Es gibt eine geflügeltes Wort fast wie ein japanisches Haiku, das auch in der Kunst angesprochen, umgesetzt und zitiert wird: Das Pferd stirbt und die Vögel fliegen hinaus (von Kassak). Dieter Honisch, der sich viel für die Vermittlung der ungarischen Kunst eingesetzte hat, interpretiert diesen Satz gesellschaftlich-politisch so: Ein System (der Stall, die Behausung, die Heimat, das Land), das für ein nützliches Wesen ( das Pferd, der Bewohner usw.) entwickelt wurde, indem dieses Wesen schließlich zugrunde geht( Gründe kann es viele dafür geben ). Es gibt Nachfolger, aber für diese Wesen hat das System keine Gültigkeit, die nachfolge haben die Symbolik der Vögel. Sie die Vögel können das System verlassen. Die Mischform Pferd – Vogel , Ahnungen an den antiken geflügelten Pagagsus tauchen, sind in diesem ausrutschende Pferd. Es scheint sich wie ein Marionette über die Aufflügelung an unsichtbaren Drähten nach Oben hin zu halten. Den Abgrund
in Sichtweite. Vogelfrei in diesem Sinne waren die Ungarn immer und sind es bis heute geblieben. Befreit mussten sie nicht erst werden. Pferd und Vogel erscheinen als Symbole für innerlicher und äußerlicher Befindlichkeit der ungarischen Seele.
Ungarn – Europa. Ein mythisch aufgeladener Aspekt:
Bild 58: Im Museum der bilden Künste, die aus der reichen Esterhazy- Sammlung, die 1870 der ungarische Staat gekauft hat, gibt es eine kleine Bronzestautue vom „Raub der Europa“. Hier schlägt die junge Europa wütend auf Zeus ein, einem brüllenden Stier. Tut sie es mit Worten und Schlägen ? Oder treibt sie ihn an? Keine blumengeschmückte, dahinschwimmende Harmonie der Entführung…mit den Seufzen: „ Oh Stier , mein Fluch..“
(paduanischer Meister um 1500)
Rechts dann eine zusammenfassende Karikatur über das Hin und her und der letztlichen Ablehnung der EU Verfassung: mit Amputationen aus Nee( Niederlande) und Non ( Frankreich) mit einer erschöpften abgewrackten Europa….
Bild 59: Schmuseposter Europa / umkränzter Stier. Aus der der Reihe der Göttinnnen-Serie von Madame Yevonde, „Be Original or die“ (17.12.2002 – 9.3. 2003).Mrs. Donald Ross als Europa. Zu betrachten im Kunstmuseum Wolfsburg. Die aufbauende Europa- Variante.
Bild 60: Austauschbar, Werbebilder in fast jeder Europäischen Stadt anzutreffen, so auch in Budapest: Cindy Crawford mehr Kosmetikwunder als Schauspielerin und Pierre Boznan im Großfotos für Uhren werbend.
Wir sind auf der Terrasse der Budapester Oper.
Bild 61: Links Ilona Tokody, sie ist eine beliebte klassische Sängerin und ein internationaler Opernstar. Das Foto ist in der Budapester Oper aufgenommen. Warum das Bild. Ilona Tokody ist eine der 48 Europäerinnen, die Bettina Flittner mit in ihrem Buch Frauen mit Visionen zeigt.
Rechts ein Blick auf die Kaiserloge. Hier wurde der Sissi-film mit Romy Schneider gedreht. Sissis Beziehung zu Ungarn und dem Grafen Andrassy hat einen Ort.
Bild 62: Vis a vis der Oper wird ein Gebäude von Ödön Lechner zum Hotel umgebaut. Er ist der ungarischer Architekt der versuchte einen nationalen Baustil von eigenwilliger jugendstilgeneigter, blütenprächtiger und orientalischer Pracht zu entwickeln.
Bild 63: Im Straßenbild werden selbst die aktuellen internationalen Heroen des Fußballs wie Beckham bei nicht mehr Aktualität demontiert. Oder sind die Bilder austauschbar über die ganze Welt?
Bild 64: Warum eigentlich nun nur die Zehn? Warum nicht gleich auch Rumänien, Bulgarien und die Türkei, die Ukraine? Wie hat sich der Europa- Gedanke durch die zehn neuen EU-Länder verändert? Was bedeutet die Idee der europäischen Identität? Eine Begrifflichkeit von György Konrad, einem Ungar, der lange Präsident der Akademie der Künste in Berlin war. Was ist Europa? Europa- eine Baustelle? Welches Gebäude wird da gebaut? In welches Haus wird da eingezogen? Zuhause? Kann Kunst und Kultur Heimat und Energie geben?
Bild 64: Bevor diese Landkarte mit seismographischem Mittelpunkt Budapest aktuell wurde, war Europa zunächst eine geographische Bezeichnung, die erstmals bei Herodot im 5. Jahrhundert v. Chr. verwendet wird und bezeichnete über Jahrtausende ein Gebiet vom Atlantik bis zum Ural, vom Europäischen Nordmeer bis zum Kaukasus. Heute wird Europa als Synonym für den wirtschaftlichen und politischen Zusammenschluß vieler Staaten in der Europäischen Union benutzt. Initialzündung dazu war der Gedanke für einen dauerhaften Frieden in Europa nach den 65 Millionen Opfern im ersten und zweiten Weltkrieg. Um den Krieg in Europa zu verhindern versuchten die Staatmänner Europas Wege und Mittel zu entwickeln. „Let Europe arise“ endete Winston Churchill einer der Ersten, der diesen Gedanken am 19. September 46 in seiner berühmt gewordenen Züricher Rede in Worte fasste. Er forderte die Schaffung einer „Art Vereinigte Staaten von Europa, um, den verwirrten Völkern dieses unruhigen und mächtigen Kontinents ein e-r-w-e-i-t-e-r-t-e-s H-e-i-m-a-t-g-e-f-ü-h-l und eingemeinsames Bürgerrecht zu geben.“ Mit „Laßt uns Europa errichten“ rief er auf, fast 6o Jahre nach dieser Rede ist der Aufruf aktueller denn je. Beginn war die von W. Churchill geforderte deutsch- französische Aussöhnung 1958 kam es zum historischem Zusammentreffen des französischen Präsidenten Charles de Gaulle und dem deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer. Für uns erschien Europa als Vision am Horizont, heute ist die Vision zur Realität geworden. Probleme sind dazu da, dass sie gelöst werden. International hat sich die EU neben den USA zu einem der wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Partner entwickelt. National wurde ein geteiltes Deutschland unter anderem auch durch die erfolgreiche voranschreitende Eingliederung geeint.
„Europäisierung“ als „erweitertes Heimatgefühl“, ein „gemeinsames Bürgerrecht“. Eine europäische Identität? Welche Wertesysteme werden gelten. Wie geht man miteinander um ohne Hierarchien aufzubauen und auszunutzen. Wie kann ein gemeinsames Gefühl für einander entwickelt werden?
In einer bisher streng geteilten Welt von Ost und West war die Mitte als Ortsbestimmung ein Affront. „ Mitteleuropa wurde zum aufmüpfigen Deckname. Der Ungar György Konrad und der Tscheche Vaclav Havel, Nachfahren der ehemaligen Donaumonarchie sind Namen dieser Position. Mitteleuropa steht für „Gemischtsein, Vielfalt,, Verschiedenartigkeit, für ein Selbstbewusstsein, das sich aus der Verschiedenheit ableitet. ELF Völker ,so zeigt die Geschichte kamen im k.u k. Reich irgendwie aus. Zitat bei György Konrad in seinem Buch: „ Mein Traum von Europa“ 1985 s. 186 „….In unserer Gegend ist der homogene Nationalstaat die Ausnahme und als Norm nicht brauchbar. Zu unserer heterogenen Wirklichkeit passen keine homogenen Vorstellungen und Formen. Wir sind nicht einsprachig, verschiedenen Wertsysteme und Denkweisen bestehen nebeneinander….“Die Erfahrung eines unterschiedlichen Miteinander ist eine ungarische Existenzerfahrung. Der Föderalismus und dem anderen bzw. fremden Toleranz wahren und Hilfestellungen anbieten ist historisch trainiert und zeigt sich beim Mauerfall, uns gegenüber. Wir müssen da noch etwas üben.
Bild 65: Sehen wir nach in den Budapester Museen für aufbauend vereinendes der gemeinsamen kulturellen Erbes:
Es gibt die Esterhazy Madonna von Raffael zu entdecken. Harmonia Coelestis besonderer Art: „Selbst in großen und reichen Familien, die Ihren Vorfahren vieles schuldig sind, pflegt es so zu gehen; dass man des Großvaters mehr als des Vaters gedenkt“ schreibt Peter Esterhazy in seinem Vorwort. Benutzen wir diese Feststellung als Aufforderung die europäischen Großvätern- besser europäische Ahnen- der Kunst mit ein paar Spots zu beleuchten. Nur zwei berühmtes Schlaglichter.
Auf in die Ungarische Nationalgalerie: Meister ms, Heimsuchung von 1506, ein spätgotisches Meisterwerk. Maria und Elisabeth
Bild 66: Und die Stilbildenden Ungarn? Mihaly Muncasy, wohl der berühmteste ungarische Künstler. Lehrer von Max Liebermann. Links:sein Asito Inas von 1869 der Gähnende, kein Schrei nach Munch, sondern Langeweile vor Munch. Rechts: Der Verurteilte von 1869.
Bild 67: Uns gewöhnungsbedürftig- vielleicht: Tivadar Koszka Csontvary,: Einsame Zeder von 1907: Zu den Ähnlichkeiten zischen Zeder und Europa schrieb er: „Es ist die Wahrheit, dass die ständig entwickelten Zedern im fünften bis sechsten Jahrtausend auf einen Ruhezeit angewiesen sind und die jüngeren zum Wachstum anregen. Sie leben in einem Wald zusammen und sind einander im Wege, sondern leben in Frieden in allen Unbilden der Witterung unter einer göttlichen Fürsorge. Warum können wir in Europa nicht in einem solchen Zustand leben? Überall in Europa werden die materiellen Probleme unter Ausschluß der wahren Werte auf den geistigen Bereich abgewälzt. In Kürze werden sich die Granitberge Amerikas zur Verwunderung der Welt in Statuen verwandeln“ Er gilt als der besessene Heilige der ungarischen Kunst.
Bild 68: Ganz anders: Auf die Weite des imposanten Treppenaufgangs der ungarischen Nationalgalerie breitet sich sein Bild „Theater von Taormina „ aus“. Die Spuren des Antike als Land der verbindenden Sehnsucht der Europäer.
Bild 69: Ripple- Ronai, Josef 81861 – 1927). Hier die Gartenidylle „ Mrs. Miksa Schiffer und ihre Töchter von 1911.Ein heiteres Gartenbild im aufregendster Malerei des Pointilismus, nicht das fein spitz getupfte, sondern ein weich wattige Punktform.
Bild 70: Robert Bereny : die Cellospielerin von 1928. geb 1887/ gest.1953.Von Cezanne beeinflusst gehörte er zu den Post- Impressionisten Ungarns zwischen den beiden Weltkriegen. Abgewogenen Farbwelt, aber auch der Bewegung und Vereinnahmung der Figur im Bild. Er schuf aber auch schlagkräftige Revolutionsplakate währen er Mitglied im Kunstdirektorium der Räterepublik war( 1919).
Bild 71: Noch einmal Josef Riple Ronnai: Dame mit schwarzem Schleier von 1896
In seinen schwarzen Bildern arbeitet er in wenigen dunklen Tönen mit ausgeprägten schwarzen Konturen. Die Bilder leben von der Spannung zwischen Kohlezeichnung und Ölmalerei, bewusst werden die Möglichkeiten von Schwarz und Grau untersucht. Eine der vielen Darstellung der Witwen in Schwarz.
Bild 72: Fast ein Übergang zum letzten Thema: das
Holocaust-Denkmal in Budapest von Imre Varga. Die Skulptur einer Trauerweide wurde 1991 enthüllt und gedenkt 6oo ooo ungarischer Juden, die unter dem Nationalsozialismus ermordet wurden. Jedes Weidenblatt trägt den Namen eines ermordeten Juden.(Selbst Hollywood finanzierte mit : Der Schauspieler Tony Curtis beteiligte sich.)
Bild 73: Eine Innenansicht der Budapester Synagoge und Postkarten, die es dort gab, keine Opferdarstellungen, sondern Cancan tanzende und fröhlich, den Morgen-genießende und malende Juden. Es gibt den Film der „ der Zug des Lebens“, und auch den deutschen Film: „Honig auf Zucker“, wo es heißt „ Es ist nie zu spät, jüdisch zu werden.“
Bild 74: Ein Blick in das jüdische Museum, der den Ernst des Vergangenen fassbar macht.
Bild 75: Wir bleiben beim Thema , nuanziert um einen entscheidenden Akzent. Die fast verloren gegangene Kultur der Roma und Sinti ( nicht nur in Ungarn) ist durch die Arbeit der ungarischen Kuratorin Timea Junghans international beachtet worden. Sie tritt energisch und mit überzeugenden Beweisen gegen die Vorurteile aus Kitsch- Romantik und negativ-Aufladung nicht nur der Sinti und Roma- Kultur an. Für ihre Arbeit bekam sie den „Kairos- Preis“ der Hamburger „Alfred Toepfer Stiftung F.V. S.“ ). Es ist die höchstdotierten europäischen Auszeichnung für Kulturschaffende und Kulturinitiatoren (75.000 Euro).
Der tolerierten Vielfältigkeit gehorchend:
Bild 76: Die Wahl 2004 in farbenfroher Premiere. Mal vier in Nationaltracht zur Wahlurne. Ilona Staller in aufreizender Stellung mit italienischer Fahne, aber aus Rüschen in den Farben der ungarischen Fahne: diese Postkarte gab’s in einem Budapester Museumsshop. Sie ist ungarischer Abstammung und war liiert mit Jeff Koons.
Bild 77: Wir sind am Ende und damit am Anfang. Die Hinwendung zur eigenen Geschichte, auch Geschichte der Kunst, ist der Versuch die eigene kulturelle Identität in der Vielstimmigkeit Europas neu zu bestimmen. Das ist kein neuer Regionalismus von Nation, Heimat und Familie, sondern eine Suchbewegung mit offenen Ausgang. Also kein erneuerter Ikarus-Absturz , sondern „vergiß das Wachs und diese Flügel, mach bessere Flügel“( Kubrik). Arbeitet an der gemeinsamen europäischen Tradition.
Europäer sind wir nicht durch unsere Geburt, Europäer sind wir durch den gemeinsamen Anspruch, der sich in der Kunst verwirklichen muß. Kunst ist erst dann neu, wenn sie Anfang und nicht Ende eines neuen europäischen Lebensrhythmus ist. Fassen wir hier den Anfang?
Bild 78: Noch brauchen wir Sicherheitsnadeln um Europa zusammenzuhalten.
Roswitha Siewert