Pia Fries – Overbeck-Gesellschaft

Pia Fries

Ausstellung in der Overbeck-Gesellschaft Lübeck – 4. Juni bis 16. Juli 2000

WHAT TO PAINT? – Bamett Newman

MAN KANN ÜBERHAUPT NUR SO MALEN, WIE ICH ES TUE – Gerhard Richter

DER PAPAGEI BRAUCHT KEINEN GRUND DAFÜR, DASS ER EIN PAPAGEI IST – Paul Good, ÜBER FARBEN REDEN

(aus einem Aufsatz über die Malerei von Pia Fries)

Vorwort zum Ausstellungskatalog von Roswitha Siewert:

Pia Fries ist Meisterschülerin von Gerhard Richter. Von 1980 bis 1986 besuchte sie seine Malklasse an der Kunstakademie Düsseldorf. Wie malt man in der Generation nach Meisterheroen der Malerei wie Barnett Newman (geb. 1905) und Gerhard Richter (geb. 1932), wenn man 1955 geboren ist und obendrein noch in einer Zeit überstürzender, Gattungsgrenzen auflösender, Bilderfluten lebt? „Anything goes“ und die „neue Unübersichtlichkeit“ werden auf der einen Seite gefeiert und auf der anderen wird die Malerei neu als Königin in Szene gesetzt und inthronisiert. Zur richtungsweisenden Definition des „Abstract Painting“ trägt die Malerei von Pia Fries bei. Offensichtlich sind die Möglich­keiten der Malerei noch nicht ausgereizt und sie bieten immer noch neue Überraschungen.

Die wichtigsten Kataloge, die bisher über die künstlerische Arbeit von Pia Fries erschienen sind, überzeugen durch die Pracht der Farbabbildungen und durch beredte Texte, die versuchen das Sehen einzuholen (siehe Bibliografie). Derbe­geisterte Jubel ist groß, Farbe so visuell und emotional zu erleben. Der Hilferuf nach wirksamen Worten ist ebenso groß. Die Ohnmacht, das alte Redemuster und Interpretationsmethoden vor diesen Bildern nicht mehr funktionieren, wird offensichtlich. Die rätselhaften Titel der Bilder wie ANDIAST, SABIONE, FREILA, HOMATTA setzen die Phantasie des Betrachters in Gang, aber vervollständigen die Irritation und pflegen vor allem das Geheimnis. Der Wortkritiker oder Autor muß in seinem Medium selber ein Wortkünstler sein, um der Malkraft eine analoge Rede zu geben. Schlagen wir nach bei Gerhard Richter, der weiß, ,,daß über Malerei reden, keinen Sinn hat. Indem man mit der Sprache etwas ver­mittelt, verändert man es. Man konstruiert solche Eigenschaften, die gesprochen werden können, und unterschlägt die, die nicht ausgesprochen werden können, die aber immer die wichtigsten sind“ (Notizen 1964-1965) oder „Malen hat mit denken nichts zu tun, denn beim Malen ist das Denken Malen. Denken ist Spra­che, Registratur und hat vorher oder hinterher zu erfolgen. Einstein dachte nicht, wenn er rechnete, sondern rechnete, reagierte mit der nächsten Gleichung auf die vorhergehende, wie beim Malen eine Form Entsprechung auf die andere ist und so fort.“ (Notizen 1962).

„. . . und so fort“: In dieser innovativen Tradition malt Pia Fries ihre Bilder. Farben verstanden als Baustoff, alle Farben gleichberechtigt, selbstbewusst und in ihren bewegten Verwandlungsmöglichkeiten, Arbeitsweisen werden offengelegt, vitaler Überfluss und klare Disziplin der Farben und Formen kommen dem ästhetischen Gefühl des Barock nahe, die Entrahmung in den Bildkompositionen nimmt die Offenheit zu Bildinstallationen auf, die auf Räume reagieren. Die Ausstellung wird zum inszenierten Bild aus Bildern. Dies mit erfrischenden Bildern, die sich selbst genug sind.

Der Katalog kann das Phänomen Bild, Sprache und auch den Ort als Ganzes erfassen. Er nimmt die Vermittlerposition zum Besucher ein. Die bisherigen Veröffentlichungen über die Kunst von Pia Fries feierten Bild und Wort. Mit diesem Katalog wird die optische Dimension um den Raum erweitert, eine neue Interpretation des Ausstellungsortes wird ermöglicht. Wir danken an dieser Stelle Pia Fries nicht nur für ihre künstlerische Arbeit, sondern auch für ihren Einsatz, einen Katalog zu erstellen, der ihre Bilder in den Räumen der Over­beck-Gesellschaft zeigt.

Roswitha Siewert

künstlerische Leiterin der Overbeck-Gesellschaft